Du bekommst Angebote über Alibaba. Alles klingt super. Der Anbieter hat professionelle Produktbilder, antwortet schnell und nennt sich selbstbewusst „Factory“. Also ist er ein Hersteller, oder?
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.
Denn im China-Einkauf ist eines sicher: Nicht jeder der sich Hersteller nennt, ist auch einer. Und nicht jeder, der sich Hersteller nennt, hat je eine Maschine gesehen. Manchmal sitzt der vermeintliche „Produzent“ in einem kleinen Büro über einem Bubble-Tea Laden, bestellt bei echten Fabriken und verkauft dir die Ware – das Versprechen, selbst zu produzieren inklusive.
In diesem Artikel schauen wir uns an, wie du herausfindest, ob du mit einem echten Hersteller oder einem Zwischenhändler sprichst – und warum diese Unterscheidung deine Qualität, deine Kosten und deine Planung beeinflussen kann. Oder, um es direkter zu sagen: Warum du damit am Ende bares Geld sparst.
1. Warum diese Unterscheidung wichtig ist
Es macht einen Unterschied, mit wem man zusammenarbeitet. Wer direkt mit einer Fabrik kommuniziert, hat mehr Kontrolle über Qualität, Zeitplanung, technische Anpassungen – aber eben auch mehr Eigenverantwortung.
Spricht man mit einem Zwischenhändler, hängt vieles von dessen Arbeitsweise ab:
Ist er gut organisiert, transparent, erfahren und kennt seine Hersteller – kann das sehr gut funktionieren.
Ist er nur ein Zwischenstück ohne tiefere Einbindung in die Produktion – dann wird’s schwierig, sobald Probleme auftreten.
Wer nicht weiß, wer wirklich produziert, kann weder Qualität noch Zeitplan sicher einschätzen – und steht bei Reklamationen schnell allein da.
2. Die Lieblingsantwort: „We are manufacturer and trading company“
Wer viel auf Alibaba unterwegs ist, kennt diesen Satz. Er klingt harmlos. Tatsächlich sagt er: Wir handeln mit allem, was uns irgendwie unterkommt. Manchmal arbeiten wir mit Fabriken zusammen, manchmal nicht. Hauptsache, es läuft.
Manche Anbieter sind wirklich Hersteller mit eigener Exportabteilung. Aber viele sind genau das nicht. Sie sind Generalisten. Sie organisieren Produkte, handeln mit allem – und haben nie eine Produktionshalle von innen gesehen. Das muss nicht schlimm sein, aber du solltest es wissen.
3. Woran du es erkennst: 7 Fragen, die du stellen solltest
Hier sind sieben einfache Fragen, mit denen du innerhalb von Minuten herausfindest, wie ehrlich dein Gesprächspartner wirklich ist:
1. Wo steht eure Fabrik? Kann ich sie besuchen?
Ein echter Hersteller wird dir sagen, wo sie ist. Und er wird dich einladen. Wer vage bleibt, ausweicht oder Ausreden parat hat („gerade geschlossen“, „nur Büro hier“) – ist wahrscheinlich kein Hersteller. Bei Händlern ist es klar, dass Sie Ihre Geschäftsgeheimnisse eher für sich behalten. Schlimm ist das nicht, in den meisten Fällen (und da rede ich von 70-80 %), bringt dir der Kontakt zum Originalhersteller nicht viel, da er kein fließendes Englisch spricht.
Bemerkenswert: Mehr als die Hälfte der chinesischen Außenhandelsgeschäfte wird über Händler abgewickelt. Das hat seinen Grund, denn sie sind besser auf internationale Märkte abgestimmt und verfügen über das nötige Marktverständnis.
2. Wie viele Mitarbeiter habt ihr in der Produktion?
Ein echter Betrieb kennt seine Produktionsstruktur. Vielleicht nicht auf die Person genau, aber er kann dir sagen: „Wir haben 40 Leute in der Endmontage, 12 im Spritzguss, 3 im Lager.“
Wer dagegen nur allgemein bleibt („Wir haben viele Mitarbeiter“), keine Abteilungen nennen kann oder ins Stocken gerät – ist mit hoher Wahrscheinlichkeit weit weg von der eigentlichen Produktion und sogar noch weiter weg als Einkaufsfirmen.
3. Welche Maschinen nutzt ihr?
Hier geht es nicht darum, ob jemand die genauen Modellnummern aufzählt – sondern ob überhaupt ein technisches Verständnis da ist. Ein Hersteller weiß, was er einsetzt: Spritzgussmaschinen, CNC-Fräsen, Laser-Cutter, Lackieranlage.
Wer hier stottert oder vage bleibt („alles Standardmaschinen“) oder sofort das Thema wechselt, hat wahrscheinlich nicht nur keine Maschinen – sondern auch verdammt wenig Ahnung von der Materie.
4. Was sind eure Hauptprodukte?
Spezialisierung ist im China-Geschäft ein starkes Qualitätsmerkmal.
Wenn dir jemand erzählt, er produziert gleichzeitig Thermoskannen, Handyhüllen, Katzenmöbel und E-Bikes – dann kannst du davon ausgehen: Er produziert gar nichts.
Ein echter Hersteller (aber auch ein guter Händler) kennt sein Kernsortiment. Und bleibt meistens in wenigen Kategorien oder Materialwelten.
5. Habt ihr Zertifikate oder Produktionsfotos?
Hier trennt sich schnell die Spreu vom Weizen.
Ein Hersteller hat typischerweise ISO-Zertifikate, eigene Prüfberichte, Fotos vom Shopfloor, Mitarbeitende in Arbeitskleidung, Sicherheitsstandards.
Wenn du nur glatte Produktfotos bekommst, aber keine Produktionsnachweise – dann solltest du nachhaken.
Denn wer nichts zeigen kann, hat meist auch nichts zu zeigen.
Um mehr über unsere Produktion in Nantong zu erfahren, komme einfach gerne mal in ein von uns organisiertes Webinar. 😉
6. Wie lange dauert die Produktion eines Musters?
Ein Hersteller kennt seine eigenen Abläufe. Der kann dir sagen: „5 Tage für das Sample, dann nochmal 10 Tage für die Vorserie.“
Wenn dein Ansprechpartner erstmal Rücksprache halten muss, um das rauszufinden, oder die Antwort von der Tagesform abhängt, ist er sehr wahrscheinlich nur ein Mittelsmann.
7. Könnt ihr mir ein kurzes Video aus der Produktion schicken?
Ein Smartphone-Video mit einem Rundgang durch die Produktionshalle, ein kurzer Clip vom Verpackungsprozess – das ist heute kein Aufwand mehr.
Wer so etwas nicht liefern will oder kann, hat oft gar keinen Zugang zur Produktion.
Oder möchte, dass du bestimmte Dinge nicht siehst.
4. Auch Alibaba gibt Hinweise – du musst nur hinsehen
Viele überfliegen Alibaba-Profile nur grob. Aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen:
5. Warum Zwischenhändler trotzdem sinnvoll sein können
Jetzt nicht falsch verstehen: Zwischenhändler sind nicht grundsätzlich schlecht. Im Gegenteil – manche sind super organisiert, kennen den Markt, sprechen fließend Englisch (oder sogar Deutsch 😉) und bringen Struktur in chaotische Projekte.
Wenn du mehrere Produkte brauchst, wenig Zeit hast oder erst mal klein starten willst, kann ein guter Händler genau der richtige Partner sein. Wichtig ist nur: Du musst wissen, dass es ein Händler ist. Und was du für seine Marge an Service bekommst.
Ein guter Händler ist ehrlich. Ein schlechter stellt sich als Hersteller dar.
6. Was tun, wenn du’s genau wissen willst?
Wenn du dir nicht sicher bist – prüfe nach:
Fazit:
Du musst nicht jeden Anbieter durchleuchten wie ein Detektiv. Aber du solltest verstehen, mit wem du arbeitest. Denn im China-Einkauf zählt nicht nur der Preis – sondern auch, wer ihn macht.
Ein echter Hersteller kann Gold wert sein – wenn du weißt, wie du ihn erkennst. Und ein ehrlicher Händler auch – wenn er offen mit dir umgeht.
Die Kunst liegt darin, den Unterschied zu kennen. Und die richtigen Fragen zu stellen.
Wenn du das nicht selbst machen willst: Sag Bescheid. Wir machen das täglich.